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Statistiker rudern zurück: Zusammenhang zwischen Impfungen und Todesfällen doch nicht ausgeschlossen

PAUL SCHREYER, 9. April 2022,6 Kommentare,PDF

Ende Januar hatte der Regensburger Psychologieprofessor Christof Kuhbandner eine 28-seitige Untersuchung veröffentlicht, die einen alarmierenden zeitlichen Zusammenhang zwischen der Zahl der verabreichten COVID-Impfungen und der Anzahl der offiziell registrierten Todesfälle in Deutschland belegt. Ein österreichischer Fernsehsender berichtete darüber. Kurz darauf publizierte am 31. Januar Prof. Thomas Bauer, Vizepräsident des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, gemeinsam mit der Statistikerin Katharina Schüller in der Reihe „Unstatistik des Monats“ einen Beitrag, der Kuhbandners brisantes Forschungsergebnis bereits in der Überschrift als „Spurious Correlation“ (Scheinkorrelation) abwertet.

Diese fachliche Einschätzung zitierten dann im Februar mehrere Medienberichte, die Kuhbandners Arbeit als unseriös darzustellen versuchten, so etwa ein Faktencheck im Bayerischen Rundfunk sowie ein Radiobeitrag der Leiterin der BR-Wissenschaftsredaktion, die Kuhbandner unter anderem mit Verweis auf die Einschätzung von Schüller und Bauer als „akademischen Querdenker“, der „in Sachen Corona ziemlichen Unsinn verbreitet“, diffamierte.

Kuhbandner widerlegte in Reaktion darauf im Februar ausführlich Punkt für Punkt die fachliche Kritik, zuerst per E-Mail an Bauer und Schüller (die Korrespondenz ist hier veröffentlicht), später in einem Beitrag auf Multipolar, wo er zusammenfassend erklärte:

„Korrelation muss nicht Kausalität bedeuten, aber – und das ist der springende Punkt, welcher von den Statistikern übersehen wird: Kausalität bedeutet Korrelation. Wenn ein Medikament eine bisher unbekannte Krankheit als Nebenwirkung kausal hervorruft, dann steigt mit der zunehmenden Verabreichung des Medikaments die Anzahl der beobachteten Krankheitsfälle. (…) In einem solchen Fall mit dem Verweis auf irgendwelche zufällig existierenden „Nonsense-Korrelationen“ zu behaupten, die beobachtete Korrelation zwischen dem Medikament und der vom Medikament kausal hervorgerufenen Krankheit sei in Wirklichkeit eine 'Nonsense-Korrelation', wäre absurd und gefährlich. (…) Solche Sicherheitssignale mit statistischen Fehlschlüssen wegzudiskutieren, anstatt diesen in weitergehenden Studien nachzugehen, halte ich für unverantwortlich.“

Anfang April unterstützten 55 Wissenschaftler, darunter 43 Professoren, Kuhbandners Argumentation in einem offenen Brief und forderten Bauer und Schüller auf, ihren Beitrag zurückzuziehen, da er „mehrere Fehlinterpretationen und Falschbehauptungen“ enthalte und die Bevölkerung hinsichtlich möglicher tödlicher Nebenwirkungen in die Irre führe.

Auf diesen offenen Brief reagierten Bauer und Schüller nun am 5. April mit einer Stellungnahme, die außerdem auch von Prof. Walter Krämer und Prof. Gerd Gigerenzer unterzeichnet wurde. Die beiden Professoren verantworten die Reihe „Unstatistik des Monats“ mit, hatten den ursprünglichen Beitrag vom 31. Januar aber nicht unterzeichnet. Die aktuelle Stellungnahme erweckt beim oberflächlichen Lesen den Eindruck, die Autoren hätten sich nichts vorzuwerfen, Kuhbandners Arbeit hingegen bleibe mangelhaft. Tatsächlich aber rudern die Verantwortlichen an der entscheidenen Stelle nun zurück:

„Die Unstatistik vom 31. Januar 22 kritisiert die statistische Vorgangsweise von Christof Kuhbandner bei dessen Suche nach Evidenz für einen positiven kausalen Zusammenhang zwischen Corona-Schutzimpfungen und Mortalität. Ein solcher Zusammenhang kann existieren oder auch nicht. Niemand bestreitet, dass Impfungen Nebenwirkungen haben können. (…) Anders als im 'Offenen Brief' unterstellt, haben die Macher der Unstatistik nicht unterstellt, dass ein Zusammenhang zwischen Corona-Schutzimpfungen und Mortalität mit Sicherheit nicht existiert.“

Das aber ist gelogen. Wie eingangs schon zitiert, hatten Bauer und Schüller durchaus behauptet, dass die Korrelation nur zufällig sei, und dies sogar im Titel des Beitrags („Impfquote und Übersterblichkeit, eine 'Spurious Correlation'“) sowie in der ersten Überschrift („Warum der Zusammenhang zwischen Impfquote und Übersterblichkeit nicht kausal ist“) hervorgehoben. Die beiden hatten kraft ihrer fachlichen Autorität den sie zitierenden Medien eine Sicherheit vorgegaukelt, die real nicht existiert. Kuhbander selbst hatte schon im Februar auf dieses Vortäuschen von Sicherheit hingewiesen:

„Genau hier besteht ein Unterschied in der Kommunikation zwischen mir und (...) den Autoren der 'Unstatistik': Während ich immer wieder betone, dass die korrelativen Befunde vorläufig und mit Vorsicht zu interpretieren sind und nicht notwendigerweise einen kausalen Effekt bedeuten müssen, stellen (…) die Autoren der 'Unstatistik' ihre Argumente dar, als wären diese 'Wahrheiten'. Insbesondere im Hinblick darauf, dass es hier darum geht, mögliche bisher unbekannten tödlichen Nebenwirkungen von Medikamenten zu entdecken, wäre es umso wichtiger, wissenschaftlich valide zu kommunizieren und Unsicherheiten zu benennen.“

Bauer und Schüller behaupten in ihrer aktuellen Stellungnahme vom 5. April dennoch wahrheitswidrig, Kuhbandner würde eine Kausalität behaupten – eine weitere Lüge. Außerdem heißt es dort:

„Die Bringschuld, die von uns angeführten Kritikpunkte auszuräumen, liegt eindeutig bei Kuhbandner bzw. den Unterzeichnern des 'Offenen Briefs'. Das wäre kein Hexenwerk und es bestand ausreichend Gelegenheit dazu. Ein nennenswerter Versuch, unsere Kritikpunkte auszuräumen, ist uns nicht bekannt.“

Aber auch das ist gelogen. Kuhbandner hatte seine Korrespondenz mit den Autoren bereits im Februar veröffentlicht, woraus hervorgeht, dass Bauer und Schüller eine 9-seitige detaillierte Widerlegung ihrer Kritik durch Kuhbandner vom 14. Februar unbeantwortet ließen. Kuhbandner schloss seine damalige Argumentation mit den Worten:

„Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass es zutiefst fragwürdig ist, ein eindeutig existierendes Sicherheitssignal – das notwendigerweise korrelativ ist – mit dem wissenschaftlich nicht haltbaren Argument, dass sei eine „Nonsense Korrelation“, einfach beiseite zu wischen, und damit zu verhindern, dass dem Anfangsverdacht, dass womöglich deutlich mehr Menschen an den COVID-Impfungen versterben als vermutet, nachgegangen wird.“

Die beiden Statistiker Bauer und Schüller stehen der Bundesregierung nahe. Schüller arbeitet auch für das Bundesministerium für Bildung und Forschung und war außerdem nach eigenen Worten schon „für zahlreiche Bundesministerien und Bundesämter“ tätig, Bauer ist Vorsitzender des Beirats des Statistischen Bundesamtes, das dem Bundesinnenministerium nachgeordnet ist.

Multipolar fragte die beiden Journalistinnen vom Bayerischen Rundfunk – Elisabeth Kagermeier und Jeanne Rubner –, die aufgrund der Argumente von Bauer und Schüller die Forschungsergebnisse von Kuhbandner als unsinnig diffamiert hatten, ob sie im Lichte der neuen Erkenntnisse ihre Beiträge richtigstellen wollen. Keine der beiden antwortete.

Bislang sind keine Initiativen von Behörden bekannt, das alarmierende Sicherheitssignal mit weitergehenden Studien zu untersuchen.

Materialien zur Kontroverse in der Reihenfolge ihres Erscheinens:

Servus TV / Bert Ehgartner, Im Stich gelassen – die Covid-Impfopfer,
Dokumentarfilm, 48 min (18.01.2022)

Oval Media / Bert Ehgartner, Impfungen und Übersterblichkeit,
Video, 9 min (20.01.2022)

Christof Kuhbandner, Der Anstieg der Übersterblichkeit im zeitlichen Zusammenhang mit den COVID-Impfungen,
28-seitiges Analysepapier (21.01.2022)

Dominik Liebl, Twitter-Beitrag zum Kuhbandner-Papier (25.01.2022)

RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung / Thomas Bauer / Katharina Schüller, Unstatistik des Monats: Impfquote und Übersterblichkeit, eine „Spurious Correlation“ (31.01.2022)

Christof Kuhbandner, Dokumentation des Email-Austausches mit den Autoren der „Unstatistik des Monats“ (08.-17.02.2022)

Bert Ehgartner, Impfungen, Übersterblichkeit - und statistische Nebelbomber (in diesem Beitrag wird die E-Mail-Korrespondenz zwischen Christof Kuhbandner und Dominik Liebl vom 26.01. öffentlich gemacht) (10.02.2022)

BR / Jeanne Rubner, Der Fall Kuhbandner: Vom Umgang mit akademischen Querdenkern, Radiobeitrag, 6 min (11.02.2022)

Christof Kuhbandner, Antwort auf die Presseanfrage vom 10.02.2022 vom Bayerischen Rundfunk, 22 Seiten (14.02.2022)

BR Faktenfuchs / Elisabeth Kagermeier, Doku von ServusTV: Fehlende Einordnung und falsche Zusammenhänge (15.02.2022)

dpa factchecking, Video interpretiert Studien falsch - Corona-Impfung wirkt und verhindert Todesfälle (18.02.2022)

Multipolar / Christof Kuhbandner, Der Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen: Ein Sicherheitssignal wird ignoriert (21.02.2022)

Multipolar, Offener Brief: Aufforderung zum Zurückziehen des Beitrags „Unstatistik des Monats“ vom 31. Januar 2022 (03.04.2022)

RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung / Thomas Bauer / Katharina Schüller / Walter Krämer / Gerd Gigerenzer, Antwort auf den Offenen Brief „Aufforderung zum Zurückziehen des Beitrags ‚Unstatistik des Monats‘ vom 31. Januar 2022“ (05.04.2022)

Original Autor: Herausgegeben von Stefan Korinth, Paul Schreyer und Ulrich Teusch
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